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Kapitän Hartmut Fischer
Initiator zur Gründung des
Vereins der Kapitäne und Schiffsoffiziere e.V., Rostock
erster Vorsitzender von 1990 bis 1993

Kpt. FischerAm 01. September 1956 begann ich als Umschüler (Decksmann) bei der DSR. Diese Anstellung schloss eine Matrosenausbildung in Rostock-Dierkow mit ein. Nach dem Erhalt des Facharbeiterzeugnisses wurde ich als Matrose gemustert. Als Umschüler gehörte ich zu der Mannschaft, die das Küstenmotorschiff "Barhöft" in Dienst stellte. Die Indienststellung des Schiffes begann mit der "Baubelehrung" in Boizenburg. Bei dem erfahrenen Bootsmann Walter Zach aus Altwarp am Oderhaff lernten wir dabei sehr viel gute Seemannschaft. Er legte Wert auf intensive Arbeitsleistung. Ich fuhr während meiner Mannschaftsdienstzeit auf den Kümos "Barhöft", "Ahrenshoop" und MS "Heinrich Heine". Als beeindruckende Persönlichkeit ist mir für die Zeit meines Lebens der Kapitän Paul Lebermann aus Graal-Müritz in Erinnerung geblieben. Er führte die "Ahrenshoop" und war nach meiner Erinnerung damals schon in den 60er Jahren. Er hatte A6 und war in früheren Zeiten bei der Reederei Horn als Kapitän gefahren. Seine Souveränität im fachlichen Bereich und im Führungsstil, seine Ruhe und Gelassenheit waren beeindruckend. Ich sah in ihm immer ein großes Vorbild.
Von 1958 bis 1961 besuchte ich die Seefahrtschule Wustrow. In diese Zeit fiel eine Praktikumreise mit dem Kümo "Shedir" (617 BRT) von Wolgast nach Haiphong. Danach fuhr ich auf folgenden Schiffen als IV., III., II. und I. Offizier: - Gera. - Fritz-Heckert. - Karl-Marx-Stadt, Typ IV. - J.G. Fichte.
Im Jahre 1965 wurde mir das erste Kommando als Kapitän übertragen. Auf folgenden Schiffen führte ich das Kommando: - Frieden. - J.G. Fichte. - 14. Ramadhan (Irak). - Bernhard Bästlein. - Nienburg.
Nach der schweren Havarie der "Nienburg", Festkommen auf dem Bombay Riff im Südchinesischen Meer, fuhr ich für vier Jahre als I. Offizier auf folgenden Schiffen: - Karl-Marx. - Ronneburg. - Heinz Kapelle. - Sangerhausen.
In dieser Zeit absolvierte ich ein Intervallstudium an der Hochschule für Seefahrt und schloss als Diplom-Ingenieur ab. Danach folgten weitere Dienstjahre als Kapitän auf folgenden Schiffen: - Halle, Typ Meridian. (Stamm) - Boizenburg. (Vertr.) - Karl-Marx-Stadt, Typ Meridian. (Vertr.) - Dresden. (Vertr.) - Völkerfreundschaft. (Vertr.) - Gruppe: Vogtland, Fahrland, Havelland. (Stamm).
Nach der Wiedervereinigung Deutschlands verließ ich im Jahre 1991 die Deutsche Seereederei und nahm eine freiberufliche Tätigkeit auf. Im Verlaufe meiner freiberuflichen Tätigkeit als Sachverständiger verlagerte ich mein Betätigungsfeld auf die Sportschifffahrt. Ich erarbeite Gutachten für Yachten zum Zwecke der Schadenermittlung und Schadenbewertung, zur Wertermittlung und zur Beratung in unterschiedlichen Fällen und unter unterschiedlichen Gesichtspunkten.

Zur Geschichte des Vereins der Kapitäne und Schiffsoffiziere e.V., Rostock.

Wenn ich heute zurückschaue und mir selbst die Frage stelle, warum ich in den Jahren etwa 1988/89, also zu der Zeit, da die wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse in der DDR als irreversibel galten, auf die Idee kam, man müsste die Möglichkeit schaffen, sich unter Berufskollegen in gewissen Abständen zusammen zu finden, um Gedanken frei auszutauschen, dann erkläre ich mir das so:
Wir, die Kapitäne der DSR, repräsentierten zu der Zeit eine Generation, die in dieser volkseigenen Reederei herangewachsen war. Unter der Ausbildung der DSR und gewappnet mit den Erfahrungen, die wir im Verlaufe unserer Dienstjahre bei der DSR gesammelt hatten, stand unsere gute Professionalität außer Frage. Wir versahen unseren Dienst mit starkem innerem Engagement für unsere Aufgabenstellung in der volkseigenen Reederei.
Mit der Installation der Industriekreisleitung der SED als oberstes Führungsgremium in dem Kombinat Seeverkehr und Hafenwirtschaft hatten mehr und mehr solche Kräfte auch auf die Führung der Reederei Einfluss gewonnen, die dazu nicht die geringste Kompetenz besaßen. Leute, die nie eine Fachschule, Hochschule oder Universität von innen gesehen hatten, griffen mit der ihnen von der SED-Parteiführung der DDR erteilten Machtbefugnis in wirtschaftliche und fachliche Prozesse ein, von denen sie nichts verstanden. Auf diesem Wege wurden den wirtschaftlichen und fachlichen Führungsinstrumenten und Instruktionen der Reederei politische Beimischungen zugefügt, die von fragwürdigem Sinn waren und uns allen die Arbeit erschwerten. Tiefgreifende Einschränkungen der persönlichen Freiheit wurden zur Selbstverständlichkeit. Fachliche Entscheidungen der Betriebsleitung und staatlicher Organe, wie Seekammer, Staatsanwaltschaft, wurden mit den Instrumenten der Industriekreisleitung nach deren Gutdünken und nach deren Willkür korrigiert. Sie haben nach eigener Wollust und Willkür die Schicksale von Berufskollegen bestimmt. Hineinschnüffeln in die persönliche Sphäre, Eingreifen in dieselbe, willkürliche Erniedrigung von Kapitänen und anderen leitenden Mitarbeitern waren Gang und Gäbe. In übler Erinnerung sind mir in diesem Zusammenhang Namen von SED-Funktionären wie Kuhfeld, Eichwein, Kapphengst. Der eine der Anführer, die anderen sein Häscher.
In dieser unbefriedigenden Situation dachte ich mir, man müsste eine Möglichkeit suchen, sich unter Berufskollegen, sprich Kapitänen, ab und zu oder regelmäßig zusammenzufinden. Ich dachte daran, dass man in kameradschaftlicher Atmosphäre und unbeobachtet von den politischen Führern den Kontakt untereinander ausbauen sollte, fachlichen Erfahrungsaustausch pflegen sollte, sich austauschen sollte, zu den Problemen, die von nicht kompetenter Seite uns auferlegt wurden.
Ich hatte kein fertiges Konzept. Aber in diesem Sinne sprach ich mehrere Berufskollegen an, zu denen ich Vertrauen hatte und die ich für progressiv hielt. Alle fanden meine Gedanken gut. Kein Wunder, wir hatten keine Gelegenheit, bei der wir uns einmal frei untereinander austauschen konnten. Aber, alle rieten mir ab, eine erkennbare Initiative zu entwickeln. Ich wurde mir auch unsicher, ob mein Gedanke richtig war. Ich merkte schon: Alle hatten Angst, es könnten uns im Falle einer Aufdeckung Nachteile erwachsen. Was ich vorhatte sah unter den damaligen Gesetzen und Regeln sehr nach Konspiration aus. Ich konnte es keinem übel nehmen. Wir standen alle unter der Bedrohung, bei Vorliegen irgendeines Anlasses das Seefahrtsbuch entzogen zu bekommen oder unsere Berufung zum Kapitän zu verlieren. Das brauchte keiner auszusprechen, das wussten wir alle. Diese Bedenken teilte ich natürlich auch.
So kam es, dass zur Zeit der DDR keine berufsständische Vereinigung oder etwas, das man so hätte nennen können, wie etwa Stammtisch der DSR-Kapitäne oder so ähnlich, zustande kam. Indes drehte sich das Rad der Geschichte weiter. Als ich Anfang Dezember 1989 von einer Japan-Reise zurückkam hatte sich sehr vieles verändert. Wir waren ahnungslos in die Freiheit hineingefallen.
So kam es denn, dass mich Kollegen ansprachen: "Jetzt kannst Du doch Deinen Verein gründen". Ich begriff das zunächst nicht so schnell. Aber dann gingen wir an die Arbeit. Ich sprach die Kollegen an, die ich zur Zeit der DDR angesprochen hatte und alle machten gleich mit. Ich kann die Namen aller Helfer nicht mehr aufzählen. Alle griffen mir initiativreich unter die Arme. Sehr bald fand die Gründungsversammlung statt. Es wurden administrative Dinge, die zur Vereinsgründung erforderlich sind, erledigt. Es wurde der Kontakt zum Verband Deutscher Kapitäne und Schiffsoffiziere e.V., Hamburg hergestellt und wir ordneten uns in den Verband ein.
Es freut mich auf dem heutigen Stand sehr, dass der Verein der Kapitäne und Schiffsoffiziere e.V., Rostock eine gesunde Entwicklung genommen hat. Ich möchte daher allen Kameraden, die mir bei der Gründung des Vereins so tatkräftig geholfen haben, noch einmal herzlichst dafür danken. Ich möchte in gleicher Weise den Kameraden danken, die nach meinem Ausscheiden aus dem Vorstand des Vereins diesen Verein initiativreich und erfolgreich weitergeführt haben und den Kameraden, die auch in der Gegenwart im Vorstand ehrenamtliche Arbeit zum Wohle des Vereins leisten. Auch in der Entstehungsgeschichte unseres Vereins habe ich mit Freude zur Kenntnis nehmen können, dass jahrzehntelange Diktatur, Gängelei und Drangsalierung durch die Funktionäre der SED es nicht vermocht haben, die geistige Kultur und den Freiheitsdrang in den Hirnen der Menschen auszulöschen. Mit dem Hereinbrechen der Freiheit hat jeder gezeigt, dass die geistige Kultur in uns erhalten geblieben ist. Alles andere, das nicht als geistige Kultur bezeichnet werden kann, ist sehr schnell über Bord geworfen und vergessen worden wie nutzloser Ballast.
Ich wünsche allen Kameraden Gesundheit, ein gutes Gelingen ihrer Vorhaben und immer einen klaren Blick voraus.

gez.: Hartmut Fischer

 

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